Exkurs 31: Notwendige Erkenntnis
vor der Taufe
Viele Leser werden von Menschen in evangelikalen Gemeinden konfrontiert
worden sein, die argumentieren, dass Lehre für die Rettung unwichtig sei
und dass ein rein verbales Bekenntnis von „Ich glaube, dass Jesus der
Sohn Gottes ist!“ als grundlegende Bedingung für die Rettung genügt. Oberflächlich
betrachtet scheint dies plausibel aufgrund der Art und Weise, wie Bekehrungen
in der Apostelgeschichte berichtet werden; zudem wendet sich dies auch
an die Ideen von ‚Liebe’ und ‚Toleranz’, die den heutigen Zeitgeist prägen.
In dieser Studie wird eine detailliertere Analyse der Bedeutung der Lehre
dargelegt.
WARUM SO EILIG?
Es kann keinen Zweifel geben, dass ein schnelles Durchlesen der Apostelgeschichte
den Eindruck erweckt, dass viele Taufen mit herzlich wenig Unterweisung
in den Grundlagen des Evangeliums ausgeführt wurden und dass sie mit nur
einem kurzen Bekenntnis von Glauben an Christus als Gottes Sohn auskamen.
Nur die vier Wörter „Ich glaube an Christus“ zu sagen, ist aber als ein
Weg zum Heil offensichtlich wertlos – und die Mehrheit der Evangelikalen
wird eingestehen, dass noch etwas mehr an Erkenntnis oder Wertschätzung
im Sinn der Person vorhanden sein muss, damit diese auch eine Bedeutung
hat. Das ist leicht zu belegen. Es ist dann aber schwierig zu argumentieren,
dass die Abschnitte über Bekenntnisse von Glauben an Christus beweisen,
dass allein das Aufsagen dieser Worte bereits genügt. Der gewöhnliche
Menschenverstand sagt schon, dass das Aufsagen eines Satzes ohne andere
Gefühle und Glauben einen Menschen nicht auf den Weg des Heils bringen
können. Die nachfolgenden Punkte sind hoffentlich hilfreich, um diese
scheinbar eiligen Bekehrungen zu erläutern.
Der Bericht in Apg. – wie auch in vielen anderen Teilen der Schrift
– ist notwendigerweise sehr zusammengefasst. Eine gute Übung ist es, einige
der in der Apg. berichteten Reden einmal laut zu lesen und darauf zu achten,
wie lange dies dauert. Es ist ziemlich sicher, dass die Reden in der Realität
wesentlich länger waren und daher vieles enthielten, was nicht berichtet
ist. Einige Beispiele:
Um des Paulus Verteidigungsrede in Jerusalem (Apg. 22) zu lesen, braucht
man vier Minuten, für die Rede vor Felix eine Minute, die vor Agrippa
vier Minuten; die Predigt des Petrus an Pfingsten benötigt auch nur vier
Minuten, die im Haus des Kornelius drei Minuten; die Predigt Jesu nach
der Speisung der 5000 (Joh. 6) sechs Minuten, die Bergpredigt benötigt
18 Minuten. Um die Rede des Petrus in Apg. 3,12-26 laut zu lesen, braucht
man etwa zwei Minuten; in Wirklichkeit aber war sie lang genug, dass die
Nachricht über den Inhalt seiner Predigt dazu führte, dass die „Priester
und der Hauptmann des Tempels und die Sadduzäer“ herbeikommen konnten.
(Apg. 4,1). Der Inhalt der Rede des Paulus an die in Ephesus wird kurz
berichtet; später dann beschwerten sich die Männer der Stadt, dass Paulus
gelehrt hätte „das seien keine Götter, die mit Händen gemacht werden“
(Apg. 19,26), wobei aber dieser Teil von Paulus Rede in der Zusammenfassung
nicht erwähnt wird, sondern seine Predigt beschrieben wird mit „betreffs
des Reiches Gottes ... das Wort des Herrn“ (Apg. 19,8.10). Es wird klar,
dass die Lehre vom Reich Gottes und dem Wort des erhöhten Herrn Jesus
auch beinhaltete, dass er lehrte, Männer sollten sich von falschem Aberglauben
abwenden.
Somit ist die Tatsache, dass keine längeren Unterweisungen von Täuflingen
vor der Taufe berichtet werden, kein Beweis dafür, dass solches nicht
geschah. Auf der Grundlage zu argumentieren, dass die Schrift hierzu schweigt,
ist in diesem Falle doch sehr zweifelhaft.
Es gibt Gründe zu glauben, dass die Massentaufe von Juden in Jerusalem
zu Beginn des Christentums ein besonderer Fall waren. Als Petrus sie auffordert,
Buße zu tun und sich taufen zu lassen, hatte die Menge, wie er dann berichtet
wird, bereits die Botschaft von Jesus gehört. (Apg. 3,20). Er forderte
sie also auf, eine Botschaft zu glauben, die sie zuvor bereits gehört
hatten. Es gibt keine Beweise, dass solche Methoden benutzt und eine solche
Menge später im ersten Jahrhundert getauft wurde. Hätten sich Bekehrungen
in dem Ausmaß weiter ereignet, wären alle in Jerusalem innerhalb weniger
Jahre Christen gewesen. Diese Menschen hatten als Juden eine ordentliche
Erkenntnis des Alten Testaments und der Lehre Gottes. Die Tiefe des Hebräerbriefs
und der Briefe des Petrus zeigen, dass die Leser fähig waren, die darin
enthaltenen vielen Anspielungen auf das Alte Testament zu verstehen. Es
ist schon erstaunlich, dass Melchisedek in Hebräer unter „Milch des Wortes“
geführt wird. Der Schreiber beklagt, dass er wegen ihrer geistlichen Unreife
keine weiteren Einzelheiten anführen konnte (Hebr. 5,11.12). Das bezieht
ihre Erkenntnis zur Zeit ihrer Bekehrung mit ein, und Paulus wirft ihnen
vor, dass sie seitdem nicht viel gewachsen sind. Es scheint, als wären
diese Briefe vor allem an die Gemeinde zu Jerusalem geschrieben worden,
und viele von denen dort waren in den frühen Tagen des Christentums getauft
worden, wie uns zu Beginn der Apg. berichtet wird.
Wir hoffen, zeigen zu können, dass die Predigt vom Namen Christi und
dessen Bekennen, wie es in der Apg. beschrieben wird, einem Verständnis
von ziemlich detaillierter Lehre entspricht.
Aus 1. Kor. 1,17 scheint es, als hätte der Apostel Paulus (und andere
Apostel auch?) mit einem Team von Nacharbeit leistenden Lehrern und Täufern
zusammen gearbeitet, so dass er nur relativ wenig Zeit an jedem Ort verbrachte,
an dem er predigte.
1. Kor. 15,24-28 gibt uns als einzige Stelle solide Information über
die Ereignisse am Ende des Millenniums und doch redet Paulus davon, als
handele es sich um grundlegende und allgemein bekannte Erkenntnis unter
den Lesern. Obgleich die grundlegenden Lehren des einen Glaubens alle
in der Bibel aufgezeichnet sind, gab es doch sicherlich in der frühen
Gemeinde und in ihrem Zeugnis vom Evangelium mehr Unterweisung darin,
als uns berichtet wird.
DER NAME JESU
Der Name Gottes beinhaltet viel Unterweisung über Ihn und Seine Wege –
Gottes Name und Titel drücken Seinen Charakter und Seine Absichten aus.
Der Name Jesu Christi ist ebenfalls nicht einfach eine Bezeichnung sondern
eine tiefere Lehraussage.
Glaube an den Namen Jesu wird parallel mit getauft werden erwähnt (Joh.
3,5.18.23). In Offb. 2,13 zieht Jesus eine Parallele zwischen „meinem
Namen“ und „Glaube an mich“; „den Namen Jesu“ predigen umfaßt, den Glauben
an ihn zu predigen. Es geht nicht darum, den Namen aufzusagen, als wäre
etwas mystisches in diesem Namen. Gal. 3,26.27 verkettet Glaube an Christus
mit der Taufe auf ihn: „und ihr alle seid Gottes Kinder durch den Glauben,
in Christus Jesus; DENN so viele von euch in Christus getauft sind, die
haben Christus angezogen.“ Weitere Beispiele dieser Verkettung zwischen
Glaube und Taufe finden sich in Apg. 19,2; 10,42 – vgl. 2,37.38; Lk. 24,47.
Apollos „wusste“ von der Taufe des Johannes (Apg. 18,25), womit deutlich
wird, dass die Taufe nicht nur eine bestimmte Handlung ist, sondern auch
Unterweisung und Lehre mit einbezieht.
„Philippus ... predigte ihnen Christus“ (Apg. 8,5) klingt so, als habe
er nur gesagt: „Glaubt an Jesus“; aber dieses „Christus“ wird in Apg.
8,12 näher definiert: „Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium
vom Reiche Gottes und vom Namen Jesu Christi predigte, ließen sich Männer
und Frauen taufen.“ Man beachte, dass es offensichtlich um mehr als nur
einen kurzen zusammenfassenden Satz über Christus ging; „predigte ihnen
Christus“ beinhaltete auch Unterweisung über die Taufe. Joh. 6,40 teilt
uns mit, dass es der Wille Gottes ist, dass „jeder, der den Sohn sieht
(versteht) und an ihn glaubt, ewiges Leben habe“; und Jesus sagt dann
später: „Will jemand seinen (Gottes) Willen tun, der wird innewerden,
ob diese Lehre von Gott sei“ (Joh. 7,17). Die von Gott kommende Lehre
erkennen ist das Gleiche wie „den Sohn sehen“. Christi Worte: „Du ...
hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (Offb. 3,8)
zeigen auch auf, wie Jesu Wort und sein Name parallel zueinander gesehen
werden. An Christus glauben ist ein Vorgang des Verstehens, gefolgt von
Gehorsam, und nicht ein schnelles verbales Bekenntnis: „Ich glaube an
Christus“. Das wird auch aus Joh. 6,35 deutlich: „... wer zu mir kommt,
den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten“,
worin „an ihn glauben“ mit „zu ihm kommen“ gleichgesetzt wird – was anzeigt,
dass Glaube an Christus ein Vorgang ist.
„Christus“ predigen beinhaltet somit eine Reihe von Lehren. „Christus“
steht für die Lehre über ihn (2. Kor. 11,4; Gal. 1,8; 2. Joh. 7-12), und
die Dinge, die sein Reich betreffen (Mk. 10,29, vgl: Lk. 18,29; und Mt.
16,28, vgl. Mk. 9,1). Lk. 9,11 beschreibt, wie Christus das Evangelium
vom Reich Gottes predigte (vgl. Mt. 4,23), der parallele Bericht in Mk.
6,34 bezieht sich darauf, dass er „vieles“ lehrte – nicht nur einen kurzen
Satz über Christus von sich gab, den man in einer Minute aufsagen könnte.
So lesen wir Aussagen wie: „Und nachdem sie in dieser Stadt das Evangelium
gepredigt und eine schöne Zahl Jünger gemacht hatten“ (Apg. 14,21), in
denen predigen und lehren erwähnt werden. Solche Aussagen wären unnötig,
wenn das Evangelium nur aus einigen wenigen Sätze bestünde. Paulus predigte
in Beröa, was dazu führte, dass die Menschen dort täglich in der Schrift
forschten (anhand der AT Kopien in der Synagoge?), um die von Paulus verkündeten
Lehren zu überprüfen (Apg. 17,11). Das von Paulus gepredigte Evangelium
war somit auf das Alte Testament gegründet, und diese Menschen glaubten,
nachdem sie seine Lehre anhand der Schrift geprüft hatten – „Es wurden
denn auch viele von ihnen gläubig“ (Apg. 17,12). Wenn wir mit Menschen
zu tun haben, die nur wenig aus der Bibel wissen und nach einer Unterweisung
diese nicht täglich lesen, ist es keine Überraschung, dass wesentlich
längere Unterweisung notwendig ist als es im ersten Jahrhundert der Fall
war. „Jeder, der glaubt, daß Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren“
(1. Joh. 5,1) entspricht Versen wie „Nach seinem Willen hat er uns erzeugt
durch das Wort der Wahrheit“ (Jak. 1,18); „als die da wiedergeboren sind
... durch das lebendige und bleibende Gotteswort ... das Wort, welches
euch als frohe Botschaft verkündigt worden ist.“ (1. Pt. 1,23.25). Es
wird aufgezeigt, dass der Glaube an Christus als den Sohn Gottes der Inbegriff
dessen ist, dass man das im Wort Gottes enthaltene Evangelium verstanden
hat.
DER KÖNIG DES REICHES
Die Betonung auf „an Christus glauben“ erhält mehr Bedeutung, wenn wir
erkennen, dass der Titel „Christus“ an manchen Stellen als synonym mit
dem Reich Christi verstanden werden kann. Unser Herr hat etwa den Pharisäern
gesagt, sie brauchen nicht umher zu gehen und nach dem Messias Ausschau
zu halten, da er bereits in ihrer Mitte stand. Das drückte er in den Worten
aus: „Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lk. 17,21,
unrev. Elberfelder Bibel), womit das Reich mit dem König des Reichs gleichgestellt
wird. Die Ankündigung des Johannes, das Reich Gottes sei nahe, bezog sich
somit auf seine Ankündigung, dass der Christus bald auftreten würde. Der
Ausdruck „Himmelreich“ in Mt. 3,2 wird in der Diaglott Ausgabe mit „Königliche
Majestät der Himmel“, d.h. Christus, wiedergegeben. Ähnlich ist es in
Lk. 17,21 mit „Reich Gottes“ als „Gottes königliche Majestät“ in der Person
Jesu Christi. Der Stein, der Nebukadnezars Bildnis traf, repräsentierte
das Reich Gottes (Dan. 2,44); der Stein/das Reich, wird „alle jene Königreiche
zermalmen und ihnen ein Ende machen“; was anzeigt, dass der Stein das
Reich ist, wenn es das Bildnis zerstört und auch danach. Ähnlich beschreibt
das Gleichnis vom Weinstock in Hesekiel ein „zartes Reis“, das abgeschnitten
und gepflanzt wird und aus dem sich ein großer Baum entwickelt, so dass
„allerlei Vögel und allerlei Geflügel unter ihm wohnen und unter dem Schatten
seiner Äste bleiben können“ (Hes. 17,22.23) Das muss sich auf Christus
beziehen, den „Wurzelspross“ aus Jes. 53,2; und doch gibt es offensichtliche
Verbindungen dieses Gleichnisses zum Senfkorn, in dem das Reich Gottes
mit einem kleinen Samenkorn verglichen wird, das zu einem großen Baum
wächst, und in dem Vögel ihren Unterschlupf finden. Diese Verbindung zwischen
dem Wort des Reiches und Jesus selbst persönlich zeigt ,dass er sich selbst
als das lebendige Wort vom Reich betrachtete. In diesem Lichte ist es
verständlich, dass „an Christus glauben“ und „an das volle Evangelium
vom Reich Gottes glauben“ identisch sind.
WAS IST DAS EVANGELIUM?
Wir kommen nun dazu, eingehender zu erörtern, was als wichtige Lehre unter
den Gläubigen im ersten Jahrhundert angesehen wurde. Wir müssen erkennen,
dass es einen Satz von Lehren zu Zeiten des Neuen Testaments gab, die
unseren „Glaubensbekenntnissen“ ähnlich waren. Ein anderer wichtiger Faktor,
den wir beachten müssen, ist die Existenz von Brüdern mit der Gabe der
Weissagung – der „Verkündigung“ direkter Offenbarung von Gott, der Verkündigung
unter Eingebung Gottes. Es gibt Grund anzunehmen, dass mit der Zeit einige
dieser inspirierten Verkündigungen zur Sammlung dieser Lehren hinzugefügt
wurde.
EINE SAMMLUNG VON LEHREN
Paulus konnte über die Jünger in der Gemeinde in Rom vor ihrer Taufe sagen:
„daß ... ihr ... nun aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Vorbild
der Lehre, dem ihr euch übergeben habt“ (Röm. 6,17) Das griechische Wort
für „Vorbild“ bezeichnet ein „Vorbild, Beispiel, Muster“ – wie man von
einer Sammlung von Unterweisungen sagen könnte, welches von woanders kopiert
worden war. Der Hinweis des Paulus zeigt die Wichtigkeit einer festgelegten
Sammlung von Unterweisungen, die vor der Taufe verstanden werden muss.
Weiterhin wird deutlich, dass vor der Taufe nicht nur ein paar Sätze gesagt
werden mussten. Einige in der Gemeinde hatten „den Schein von Gottseligkeit,
deren Kraft aber verleugnen sie“ (2. Tim. 3,5), was vielleicht darauf
hinweist, dass sie zwar die Sammlung der Lehre des Glaubens für wahr hielten,
aber in ihrem täglichen Leben nicht die wirkliche Kraft der Wahrheit erkannten.
Paulus erinnerte die Galater, dass „Jesus Christus als unter euch gekreuzigt
vor die Augen gemalt worden war“ (Gal. 3,1). Der Begriff „gemalt worden“
kann im Griechischen wörtlich ein „darlegen in geschriebenen Worten“ bezeichnen,
als wäre die erste Unterweisung den Galatern durch ein geschriebenes Dokument,
etwa in Form eines Handbuchs, gegeben worden.
Als Paulus die Lehre von der Auferstehung definiert, konnte er sagen:
„Denn ich habe euch in erster Linie das überliefert, was ich auch empfangen
habe, nämlich daß Christus ... gestorben ist“ (1. Kor. 15,3), was anzeigt,
dass er eine Offenbarung dieser Dinge empfangen hatte und diese ihnen
nun als grundlegende Lehre weitergab. 2. Pt. 2,21.22 passt nun ebenfalls:
„Denn es wäre für sie besser, daß sie den Weg der Gerechtigkeit nie erkannt
hätten, als ... sich wieder abwenden von dem ihnen überlieferten heiligen
Gebot. ... Sprichwort: «... und die Sau wälzt sich nach der Schwemme (in
der Taufe) wieder im Kot!»“ (2. Pt. 2,21.22) Hier werden „der Weg“ und
„das heilige Gebot“, die ihnen überliefert worden waren, mit dem Waschen
in der Taufe verbunden; ihnen waren daher der Weg und das Gebot vor der
Taufe bekannt. Wir haben gezeigt, dass vor der Taufe nicht nur ein einzelnes
Gebot verstanden werden musste, und daher mag das „heilige Gebot“ (im
Singular) Bezug nehmen auf eine klar definierte Sammlung von Lehren, die
vor der Taufe verstanden werden musste. Es gibt einige Abschnitte, die
vom „Empfangen“ (Annehmen) von Unterweisung über Lehre und „das Evangelium“
sprechen: Gal. 1,9.12; Phil. 4,9; Kol. 2,6; 1. Th. 1,6; 2,13; 4,1. Dies
bestätigt, dass das Evangelium in einer Sammlung von Unterweisungen zusammengefasst
war, welche die Aposteln zunächst empfangen hatten und die danach von
denen angenommen wurde, denen die Apostel predigten.
“DER GLAUBE ”
Judas erwähnt „den Glauben ..., der den Heiligen ein für allemal übergeben
worden ist“ (Jud. 1,3). „Der Glaube“ ist parallel zu „dem Vorbild der
Lehre“, das ihnen vor der Taufe überliefert worden war. Somit war das
ein weiterer Ausdruck und Teil des Vokabulars im ersten Jahrhundert, mit
dem auf die Sammlung der Lehre Bezug genommen wurde. Paulus weißt in seiner
Aussage: „Lasset uns festhalten am Bekenntnis der Hoffnung [„des Glaubens“
in der King James Bibel]“ (Hebr. 10,23) möglicherweise auf ein öffentliches
Bekenntnis des Glaubens an ihre Hoffnung vor der Taufe hin. Der Ausdruck
„der sich an das gewisse Wort hält“ (Tit. 1,9) hätte sich dann hauptsächlich
davon hergeleitet, an diesem Glaubensbekenntnis festzuhalten, das sie
ursprünglich gelehrt worden waren. Der „gemeinsame Glaube“ (Tit. 1,4)
weist darauf hin, dass diese Sammlung der Lehre von allen Gläubigen anerkannt
wurde, es gab nur „einen Glauben“ (Eph. 4,5). „Der Glaube“ und der Name
Jesu Christi sind in Apg. 3,16 miteinander verbunden. Wir haben gesehen,
dass der Name Christi eine andere Bezeichnung für die Lehre ist, die in
„dem Glauben“ enthalten ist, und das sowohl in Sachen des Wandels (1.
Tim. 6,10) als auch der Lehre (1. Tim. 4,1). Paulus warnte davor, dass
einige „vom Glauben abfallen“ würden. Die erste Phase in diesem Abfallen
würde die Behauptung sein, man könne unmöglich „den Glauben“ definieren.
ANGELEGENHEITEN DES WANDELS
Angelegenheiten des Wandels waren ebenfalls Teil dieser Sammlung der Lehre.
Der Glaube an Christus beinhaltete auch Überlegungen zu „Gerechtigkeit
und Enthaltsamkeit und dem zukünftigen Gericht“ (Apg. 24,25). Paulus spricht
von den Anweisungen zum Brotbrechen wie er von der Lehre über die Auferstehung
redet. „Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert
habe“ (1. Kor. 11,23). Es scheint eine Gruppe von solch praktischen Angelegenheiten
gegeben zu haben, die Paulus später erweiterte, um Unterweisung über die
Stellung der Schwestern in der Gemeinde einzubeziehen: „daß ihr ... an
den Überlieferungen festhaltet, so wie ich sie euch übergeben habe. Ich
will aber, daß ihr wisset, dass ... der Mann aber des Weibes Haupt (ist)“
(1. Kor. 11,2.3). Das zeigt an, dass die Erläuterung dieser Dinge vor
der Taufe geschehen sollte und dass dies Teil der Sammlung der Lehre war,
auf die man im ersten Jahrhundert bestand. Das griechische Wort für „Überlieferungen“
wird in 2. Th. 3,6 und 2,15 ebenfalls mit „Überlieferung“ übersetzt: „...
daß ihr euch von jedem Bruder zurückziehet, der unordentlich wandelt und
nicht nach der Überlieferung, die ihr von uns empfangen habt. ... So stehet
denn nun fest, ihr Brüder, und haltet fest an den Überlieferungen, die
ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein (inspiriertes, prophetisches)
Wort oder durch einen Brief von uns.“ Hier wird die große Wichtigkeit
des Festhaltens an dieser Sammlung an Lehre deutlich, wie auch die Notwendigkeit,
sich von denen zu trennen, die ihr nicht gehorchen. „Der sich der Lehre
entsprechend an das gewisse Wort (ein weitere Umschreibung der gleichen
Sammlung an Lehre) hält, damit er imstande sei, sowohl mit der gesunden
Lehre zu ermahnen, als auch die Widersprechenden zu überführen.“ (Tit.
1,9).
Wir wissen, dass es in der frühen Gemeinde „falsche Propheten“ gab, die
behaupteten, Offenbarungen Gottes über Lehre empfangen zu haben, die zu
der anerkannten Sammlung an Unterweisung hinzugefügt werden sollten. Daher
betont Paulus, was „gewisses Wort“ inspirierter Offenbarung von Lehre
ist (Tit. 1,9; 3,8; 2. Tim. 2,11; 1. Tim. 4,9), das „aller Annahme wert
ist“ (1. Tim. 1,15; 4,9) – d.h. Aufnahme in die Sammlung an Lehre, die
„den Glauben“ bildet. Daher warnte Johannes: „Geliebte, glaubet nicht
jedem Geist“, der sich auf Eingebung Gottes berief. (1. Joh. 4,1).
SPEZIFISCHE DETAILS
Es folgen einige deutliche Beispiele, in denen über den einfachen „Glauben
an Christus“ hinausgehende Lehren als Teil des grundlegenden Evangeliums,
das vor der Taufe verstanden werden musste, verbreitet wurden.
„... da Gott das Verborgene der Menschen richten wird, laut meinem Evangelium
...“ (d.h. dem von Paulus gepredigten Evangelium , Röm. 2,16). Die Lehre
vom Gericht und von Verantwortung wird also als „grundlegende Prinzipien“
angesehen – vgl: auch Apg. 24,25; Hebr. 6,1.2.
Die Vorstellung, die Beschneidung sei für das Heil notwendig, wurde
von Paulus als „anderes Evangelium“ bezeichnet (Gal. 1,6). Daher gehört
das Wissen, dass wir das Gesetz Mose nicht einhalten sollen, z.B. den
Sabbat, Teil des Verständnisses des wahren Evangeliums.
„Das Evangelium vom Reich Gottes“ handelt nicht nur von Christus, sondern
auch von seinem kommenden Reich ; Jes. 52,7.8 (vgl: Röm. 10,15) beschreibt
den Prediger des Evangeliums zu der Zeit, da von Zion gesagt werden kann:
„Dein Gott ist König!“ – d.h. Er herrscht in seinem Reich.
Das rechte Verständnis der ‚feineren Einzelheiten’ der Natur Christi
war ein für die Gemeinschaft wichtiger Punkt (2. Joh. 7-10); das Evangelium
beinhaltete daher Dinge (Plural) über Christus. Erneut wird deutlich,
dass lediglich das Aufsagen von „Wir glauben an Christus“ nicht genügte.
Die Bedeutung der Verheißungen bzgl. des Reiches sind ein wichtiger
Teil des Evangeliums; durch diese Verheißungen wurden Abraham (Gal. 3,8)
und Israel (Hebr. 4,2) das Evangelium verkündet. Paulus sprach daher von
seiner Predigt über die Verheißungen an David als „Wort des Heils“ (Apg.
13,23.26). Diese waren somit ein wichtiger Bestandteil der Botschaft vom
Heil. Und so sagt er: „Und wir verkündigen (das gleiche Wort, das auch
mit „predigen“ übersetzt wird) euch das Evangelium von der den Vätern
zuteil gewordenen Verheißung (Apg. 13,32). Ähnlich heißt es in Röm. 1,1-4:
„Evangelium Gottes ... betreffs seines Sohnes (Jesus Christus), der hervorgegangen
ist aus dem Samen Davids“.
Um die Verheißungen zu verstehen, bedarf es einer gewissen Erkenntnis
der Geschichte Israels. Eine Studie der Predigt des Paulus in Antiochien
in Apg. 13 zeigt, wie er die Geschichte Israels nach Stichpunkten aufzeigt
und besondere Betonung auf die Verheißungen legt und zeigt, wie diese
in Jesus erfüllt wurden. Seine Predigt war auf die Geschichte Israels
gegründet, gab einen Überblick und schloss mit einer Warnung über Konsequenzen
beim Gericht ab, wenn man nicht korrekt auf das Wort antwortete, das er
predigte (Apg. 13,40.41). Der Inhalt unserer Predigt sollte ähnlich sein.
SCHLUSSFOLGERUNG
Die Wichtigkeit all dessen kann nicht überbetont werden. „Habe acht auf
dich selbst und auf die Lehre; bleibe dabei! Denn wenn du solches tust,
wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche dich hören.“ (1.
Tim. 4,13-16) Listen wichtiger Lehren, wie die im Anhang I dieses Buches,
sind offensichtlich nicht inspiriert, aber nach Meinung des Autors geben
sie eine gerechtfertigte Zusammenfassung vieler spezifischer Punkte, die
in biblischen Abschnitten über „den Glauben“, „die Überlieferungen“ usw.
erwähnt werden. Hoffentlich hat diese Studie gezeigt, dass es ganz sicher
ein Bedürfnis für eine Sammlung von Lehren gibt, die wir alle akzeptieren
und denen wir gern folgen. Der Inhalt dieser Sammlung von Lehren sollte
unsere Unterweisung von Täuflingen vor deren Taufe ausmachen; und es ist
nur recht für sie, dass sie mittels Unterredungen vor ihrer Taufe völlig
verstehen, was sie gelehrt wurden. Häufig wurden die Täuflinge ermutigt,
in schwierigen Zeiten am „Glauben“ festzuhalten. Das Fundament Gottes
steht fest. Wir müssen mit den grundlegenden Prinzipien vertraut sein,
mit dem wunderbaren Weg, der die volle Absicht Gottes zusammenhält. Das
allein sollte schon eine Ermutigung für uns sein. Nur wenn wir dies regelmäßig
predigen und diese Dinge wiederholt studieren, wird sich das tiefe Gefühl
von Nutzen und Gewissheit bei uns einstellen so dass wir wie Paulus in
finsterer und einsamer Stunde sagen können: „Ich habe den guten Kampf
gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt; ... Denn ich weiß,
wem ich mein Vertrauen geschenkt habe, und ich bin überzeugt, daß er mächtig
ist, das mir anvertraute Gut (unser Leben, alles was wir haben) zu verwahren
bis auf jenen Tag“ (2. Tim. 4,7; 1,12).
DEN HERRN JESUS BEKENNEN
„Denn wenn du mit deinem Munde Jesus als den Herrn bekennst und in deinem
Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du
gerettet“ (Röm. 10,9)
Die nachfolgenden Punkte müssen erwähnt werden:
Ein Verständnis der Auferstehung Christi beinhaltet eine Erkenntnis
der biblischen Lehre über die Hölle und die Natur des Menschen.
Röm. 10,8.9 scheinen eine Parallele zu V. 13 zu sein: „denn «wer den
Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden».“ Von Paulus wird
erwähnt, dass er getauft wurde und den Namen des Herrn anrief (Apg. 22,16);
es ist allein die Taufe, welche uns Zugang zu dem Namen des Herrn ermöglicht
(Mt. 28,19).
Nachdem Paulus einige Kapitel zuvor in Röm. 6 die Wichtigkeit der Taufe
hervorgehoben hat, ist es unmöglich, dass er nun in Röm. 10 lehrt, dass
sie zur Rettung nicht notwendig sei.
Röm. 10,9 folgt auf die Verse 6-8: „«Sprich nicht in deinem Herzen:
Wer will in den Himmel hinaufsteigen?» ... «wer will in den Abgrund hinuntersteigen?»
... Sondern was sagt sie? «Das Wort ist dir nahe, in deinem Munde und
in deinem Herzen!» - nämlich das Wort des Glaubens, das wir predigen..“
Das „Wort des Glaubens“ musste man bekennen, das ist das Gleiche wie „den
Herrn Jesus“ bekennen in V. 9. Wir haben gesehen, dass „der Glaube“ die
gesamte Sammlung von Lehren darstellt, die das Evangelium bilden. Paulus
zitiert aus 5. Mo. 30,11-14: „Denn dieses Gebot, das ich dir heute gebiete
... Es ist nicht im Himmel ... Es ist auch nicht jenseits des Meeres (Abgrunds)
... Sondern das Wort ist sehr nahe bei dir“ Er scheint „dieses Gebot ...
das Wort“ auf Christus hin zu interpretieren. So wie Israel gesegnet sein
würde, wenn sie das Gebot halten (5. Mo 30,16), so wird das neue Israel
gerettet, wenn sie das Wort bzgl. Christus glauben. Christus mit dem Munde
bekennen, entspricht demnach, dieser Lehre über Christus zu folgen. „Wenn
du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchst …“ (5. Mo. 30,10) entspricht
in Röm. 10,9 dann: „Denn wenn du mit dem Munde Jesus als den Herrn bekennst“.
Diese Parallele zeigt wiederum, wie „der Herr Jesus“ ein Titel ist, der
die grundlegende Lehre des Wortes Gottes zusammenfasst.
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